Wenn die Versicherung plötzlich nicht zahlt, ist das für viele Versicherte ein Schock. Schließlich schließen die meisten Menschen Versicherungen ab, um im Ernstfall finanziell abgesichert zu sein – sei es bei einem Unfall, Brandschaden, Wasserschaden, Krankheit oder Berufsunfähigkeit. Doch immer wieder kommt es vor, dass Versicherungen die Leistung verweigern, Kürzungen vornehmen oder die Schadensregulierung hinauszögern.
In diesem Rechtstipp erfahren Sie, welche Gründe Versicherungen für eine Ablehnung nennen, welche Rechte Sie als Versicherungsnehmer haben und wie Sie Schritt für Schritt vorgehen sollten, wenn die Versicherung nicht zahlt.
1. Typische Gründe, warum Versicherungen nicht zahlen
Versicherungen lehnen Leistungsanträge aus ganz unterschiedlichen Gründen ab. Häufig liegt die Ursache nicht in böser Absicht, sondern in formalen Fehlern, unvollständigen Angaben oder fehlenden Nachweisen. Dennoch sind viele Ablehnungen rechtlich angreifbar.
Typische Ablehnungsgründe sind:
Verletzung der Anzeigepflicht:
Sie haben bei Vertragsschluss eine Frage im Antrag nicht korrekt oder unvollständig beantwortet (z. B. zu Vorerkrankungen oder Vorschäden). Die Versicherung wirft Ihnen dann eine „vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung“ nach § 19 VVG vor.
Verstoß gegen Obliegenheiten:
Nach Eintritt des Versicherungsfalls haben Sie bestimmte Pflichten, z. B. den Schaden unverzüglich zu melden, Belege einzureichen oder Weisungen des Versicherers zu befolgen. Wird das versäumt, kann die Versicherung die Leistung kürzen oder verweigern (§ 28 VVG).
Zweifel am Schadenshergang:
Der Versicherer vermutet, dass der Schaden fingiert oder nicht plausibel ist – etwa bei Einbruch-, Unfall- oder Haftpflichtschäden.
Ausschlussklauseln in den Versicherungsbedingungen:
Manche Risiken sind ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen (z. B. grobe Fahrlässigkeit, Alkohol am Steuer, nicht genehmigte bauliche Veränderungen).
Unvollständige oder widersprüchliche Unterlagen:
Fehlen wichtige Nachweise (Rechnungen, Gutachten, ärztliche Atteste), kann die Versicherung die Zahlung bis zur Klärung verweigern.
Verjährung:
Leistungsansprüche gegen Versicherer verjähren in der Regel nach drei Jahren (§ 195 BGB). Der Fristbeginn hängt davon ab, wann Sie vom Schaden und vom Versicherer Kenntnis erlangt haben.
2. Erste Schritte: Was Sie tun sollten, wenn Ihre Versicherung nicht zahlt
Wenn Sie ein Ablehnungsschreiben erhalten oder die Versicherung gar nicht reagiert, sollten Sie systematisch vorgehen. Oft lässt sich die Situation durch eine klare Kommunikation oder rechtliche Prüfung schnell klären.
Schritt 1: Ablehnungsschreiben prüfen
Lesen Sie das Schreiben der Versicherung gründlich. Achten Sie darauf:
Häufig sind Ablehnungsschreiben nicht rechtsverbindlich formuliert und enthalten juristische Fehler.
Schritt 2: Alle Unterlagen sammeln
Legen Sie eine vollständige Dokumentation an:
Diese Unterlagen sind entscheidend, wenn Sie später Widerspruch einlegen oder klagen müssen.
Schritt 3: Schriftlich Stellung nehmen
Reagieren Sie schriftlich und sachlich auf die Ablehnung. Fügen Sie fehlende Nachweise bei oder widerlegen Sie unzutreffende Behauptungen. Wichtig ist, keine Schuld einzuräumen und keine rechtlichen Erklärungen abzugeben, bevor Sie den Fall geprüft haben.
Schritt 4: Fristen beachten
Viele Versicherer setzen Fristen für Einwendungen oder Ergänzungen. Versäumen Sie diese, kann das Ihren Anspruch gefährden. Halten Sie daher alle Termine schriftlich fest und bestätigen Sie Eingänge per Einschreiben oder E-Mail.
3. Wann sich ein Anwalt lohnt
Spätestens wenn die Versicherung trotz Nachreichung von Unterlagen weiterhin nicht zahlt oder die Begründung zweifelhaft erscheint, sollten Sie einen Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzuziehen.
Ein erfahrener Anwalt kann:
Gerade bei größeren Schadenssummen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Lebensversicherungen oder Kaskoschäden lohnt sich anwaltliche Unterstützung. Oft zeigt bereits ein anwaltliches Schreiben Wirkung – viele Versicherer zahlen dann freiwillig, um einen Rechtsstreit zu vermeiden.
4. Rechte der Versicherten bei Leistungsablehnung
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) schützt Versicherungsnehmer umfassend. Wichtige Rechte sind:
Die Versicherung muss klar und nachvollziehbar begründen, warum sie nicht zahlt.
Bestreitet der Versicherer den Versicherungsfall, muss er nachweisen, dass kein Versicherungsfall vorliegt oder dass Sie gegen Pflichten verstoßen haben.
In manchen Fällen kann ein Pflichtverstoß durch spätere Mitwirkung geheilt werden.
Sie können sich kostenlos an den Versicherungsombudsmann wenden. Dieses Verfahren ist außergerichtlich, neutral und verbraucherfreundlich.
Webseite: www.versicherungsombudsmann.de
Klage vor dem Zivilgericht
Bleibt der Versicherer bei seiner Ablehnung, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Zuständig ist in der Regel das Amtsgericht oder Landgericht am Sitz der Versicherung oder des Versicherungsnehmers.
5. Wichtige Praxistipps
Kommunikation dokumentieren: Jede E-Mail, jedes Telefonat protokollieren – am besten mit Datum und Ansprechpartner.
Keine vorschnellen Aussagen: Vermeiden Sie Formulierungen wie „Ich hätte es besser sichern müssen“ – sie können als Schuldeingeständnis ausgelegt werden.
Nicht aufgeben: Viele Ablehnungen sind strategisch, um Versicherte zur Aufgabe zu bewegen.
Frühzeitig beraten lassen: Je früher ein Anwalt die Sache prüft, desto größer die Chance auf eine außergerichtliche Einigung.
6. Fazit: Wenn die Versicherung nicht zahlt, haben Sie Rechte
Eine Leistungsablehnung der Versicherung ist nicht das letzte Wort. Oft lohnt es sich, den Fall juristisch prüfen zu lassen, denn viele Ablehnungen sind unrechtmäßig.
Versicherungen handeln nach wirtschaftlichen Interessen – Versicherte müssen ihre Rechte aktiv einfordern. Mit einer guten Dokumentation, sachlicher Kommunikation und – wenn nötig – anwaltlicher Unterstützung können Sie erfolgreich zu Ihrem Recht kommen.
7. Wann Sie sofort handeln sollten
Zögern Sie nicht, wenn:
In all diesen Fällen kann anwaltliche Hilfe verhindern, dass Sie dauerhaft auf Ihrem Schaden sitzen bleiben.