Das Strafbefehlsverfahren: Ein Rechtstipp für Beschuldigte und Betroffene

 

Das Strafbefehlsverfahren ist eine Sonderform des Strafprozesses in Deutschland. Es kommt vor allem bei kleineren Delikten und in Fällen zur Anwendung, bei denen der Sachverhalt klar erscheint und keine Verhandlung nötig ist. Doch auch wenn das Verfahren oft als „vereinfachtes Verfahren“ bezeichnet wird, kann ein Strafbefehl schwerwiegende Konsequenzen für den Beschuldigten haben. In diesem Rechtstipp erklären wir, was ein Strafbefehlsverfahren ist, wie es abläuft, welche Folgen es hat und welche Möglichkeiten Betroffene haben, sich zu wehren.

 

Was ist ein Strafbefehl?

 

Ein Strafbefehl ist ein schriftlicher Bescheid des Gerichts, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen wird. Mit einem Strafbefehl wird dem Beschuldigten eine Straftat zur Last gelegt und eine Strafe verhängt – etwa eine Geldstrafe oder auch Freiheitsstrafe zur Bewährung. Anders als im klassischen Strafverfahren kommt es hierbei jedoch zu keiner mündlichen Hauptverhandlung. Der Beschuldigte erhält den Strafbefehl per Post und muss entscheiden, ob er die verhängte Strafe akzeptiert oder sich dagegen wehrt.

 

In welchen Fällen kommt ein Strafbefehl in Frage?

 

Das Strafbefehlsverfahren wird vor allem bei sogenannten Bagatelldelikten oder leichten Vergehen angewendet. Typische Straftaten, für die Strafbefehle erlassen werden, sind etwa:

    •         Diebstahl und Unterschlagung

    •         Betrug (z. B. Leistungsbetrug, Erschleichen von Leistungen)

    •         Körperverletzung ohne schwerwiegende Folgen

    •         Fahren unter Alkoholeinfluss (wenn die Promillegrenze leicht überschritten wurde), unerlaubtes Entfernen vom Unfallort etc.

    •         Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in geringen Mengen

 

Für das Strafbefehlsverfahren ist entscheidend, dass eine Freiheitsstrafe von maximaleinem Jahr zur Bewährung oder eine Geldstrafe als Sanktion ausreichend ist. Bei schwerwiegenderen Taten wird ein Strafbefehl nicht erlassen.

 

Ablauf des Strafbefehlsverfahrens

 

Der Ablauf des Strafbefehlsverfahrens lässt sich in einige Schritte unterteilen:

        1.   Ermittlung und Antrag der Staatsanwaltschaft: Nachdem die Polizei oder die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgeschlossen hat, prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie das Verfahren einstellt oder zur Anklage bringt. Bei geringfügigen Taten kann sie einen Strafbefehl beim zuständigen Gericht beantragen.

        2.   Entscheidung des Gerichts: Das Gericht prüft den Antrag und entscheidet, ob es den Strafbefehl erlässt. In der Regel folgt das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, sofern keine Zweifel am Sachverhalt bestehen.

        3.   Zustellung des Strafbefehls: Der Strafbefehl wird dem Beschuldigten per Post zugestellt. Dieser hat nun zwei Optionen: Er kann den Strafbefehl akzeptieren oder Einspruch einlegen. Der Einspruch muss binnen zwei Wochen erfolgen!

        4.   Einspruch und Hauptverhandlung: Legt der Beschuldigte Einspruch gegen den Strafbefehl ein, wird es zu einer Hauptverhandlung kommen, in der der Sachverhalt neu geprüft wird. Auch hier kann eine Strafe verhängt werden, allerdings besteht für den Beschuldigten die Chance, sich zu verteidigen und das Urteil zu beeinflussen. Wichtig: Das Gericht ist an den Strafbefehl nicht gebunden. Theoretisch kann die Strafe als auch höher ausfallen.

        5.   Rechtskräftigkeit: Akzeptiert der Beschuldigte den Strafbefehl, wird dieser rechtskräftig und ist wie ein Urteil zu behandeln. Legt er Einspruch ein, bleibt das Urteil bis zur Hauptverhandlung ausgesetzt.

 

Welche Folgen hat ein Strafbefehl?

 

Ein Strafbefehl hat dieselben Folgen wie ein Urteil in einem regulären Strafverfahren. Die verhängte Strafe, in der Regel eine Geldstrafe, muss bezahlt werden. In schweren Fällen kann auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden, die zur Bewährung ausgesetzt wird.

 

Daneben sind folgende Konsequenzen möglich:

    •         Eintrag ins Führungszeugnis: Ist die Strafe höher als 90 Tagessätze, erfolgt in der Regel ein Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis. Dies kann vor allem bei Bewerbungen oder bei Berufen mit besonderen Anforderungen (etwa in der Pflege oder im Sicherheitsbereich) hinderlich sein.

    •         Punkte in Flensburg: Handelt es sich um ein Verkehrsdelikt, etwa Fahren unter Alkoholeinfluss, können zusätzlich Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen werden. Dies kann Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis haben.

    •         Bewährungsauflagen: Wird eine Bewährungsstrafe verhängt, kann das Gericht bestimmte Auflagen anordnen, etwa regelmäßige Meldungen bei der Bewährungsaufsicht oder die Teilnahme an Anti-Aggressions-Trainings.

 

Einspruch gegen den Strafbefehl: Wann und wie ist er sinnvoll?

 

Ein Strafbefehl muss nicht immer akzeptiert werden. Wer die Vorwürfe für unberechtigt hält oder die Strafe als zu hoch empfindet, hat die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einzulegen. Ein Einspruch gegen den Strafbefehl kann sich insbesondere in folgenden Fällen lohnen:

        1.   Unklare Beweislage: Wenn der Sachverhalt nicht eindeutig ist oder wichtige Beweise fehlen, kann es sinnvoll sein, die Vorwürfe in einer Hauptverhandlung klären zu lassen.

        2.   Zu hohe Strafe: Oftmals wird im Strafbefehlsverfahren eine höhere Strafe verhängt, da keine mündliche Verhandlung stattfindet. Ein Anwalt kann gegebenenfalls eine niedrigere Strafe aushandeln.

        3.   Berufliche Konsequenzen: Gerade bei empfindlichen Berufsgruppen, etwa in der Pflege oder im öffentlichen Dienst, kann ein Eintrag im Führungszeugnis schwerwiegende berufliche Folgen haben. Ein Einspruch kann helfen, diese Konsequenzen zu vermeiden.

        4.   Punkte in Flensburg oder Fahrverbot: Wer beruflich auf den Führerschein angewiesen ist, sollte prüfen, ob ein Einspruch gegen ein verkehrsrechtliches Delikt möglich ist, um Punkte oder ein Fahrverbot zu vermeiden.

 

Ein Einspruch kann entweder schriftlich oder zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle des Gerichts eingelegt werden. Wichtig ist, dass der Einspruch gut begründet wird. Daher ist es ratsam, sich von einem Strafverteidiger beraten zu lassen.

 

Die Rolle des Anwalts im Strafbefehlsverfahren

 

Ein Strafbefehl ist zwar kein Urteil im klassischen Sinne, aber seine Folgen können gravierend sein. Ein Anwalt kann im Strafbefehlsverfahren auf verschiedene Weise unterstützen:

    •         Prüfung des Strafbefehls: Ein Anwalt kann den Strafbefehl auf inhaltliche und formale Fehler prüfen. Manchmal sind die Tatvorwürfe nicht klar oder die Höhe der Strafe unverhältnismäßig.

    •         Beratung zum Einspruch: Der Anwalt kann einschätzen, ob sich ein Einspruch lohnt und welche Chancen bestehen, das Verfahren positiv zu beeinflussen.

    •         Vertretung in der Hauptverhandlung: Sollte es zu einer Hauptverhandlung kommen, vertritt der Anwalt den Beschuldigten und kann durch Verhandlungen mit dem Gericht möglicherweise eine mildere Strafe erreichen.

 

Ein Anwalt kann auch prüfen, ob Verfahrensfehler vorliegen oder ob die Beweise für eine Verurteilung ausreichen. In einigen Fällen kann bereits der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls durch Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft abgewendet werden.

 

Fazit: Strafbefehl nicht unterschätzen

 

Auch wenn ein Strafbefehl oft „nur“ als einfache schriftliche Sanktion wahrgenommen wird, sollte er nicht unterschätzt werden. Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat dieselben Folgen wie ein Urteil und kann erhebliche Konsequenzen für das berufliche und private Leben des Betroffenen haben. Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Strafbefehls hat oder die Strafe für unangemessen hält, sollte unbedingt die Möglichkeit des Einspruchs prüfen und sich von einem Anwalt beraten lassen.

 

Ein Strafbefehl kann eine effiziente Möglichkeit sein, kleinere Delikte zu ahnden – für den Betroffenen ist es jedoch wichtig, seine Rechte zu kennen und sich nicht ohne Weiteres auf die Strafe einzulassen.